Darstellung und Protonierung der salpetrigen Säure:
Die so erhaltene salpetrige Säure reagiert mit einem weiteren Proton der zugefügten starken Säure: So entsteht die gute Abgangsgruppe H2O, sodass sich Wasser abspalten kann. Es entsteht das später angreifende Nitrosylkation NO+
Reaktion des Nitrosylkations mit der Aminogruppe der Sulfanilsäure:
Das positiv geladene Nitrosylkation greift nun am negativ teilgeladenen Aminstickstoff der Sulfanilsäure an und wird dort addiert. Durch innermolekulare Wanderung eines Protons (Umlagerung) zum Sauerstoff des nun entstandenen Moleküls sowie einer weiteren Umlagerung eines Protons (kann man auch einzeln beschreiben) entsteht die gute Abgangsgruppe H2O und Wasser spaltet sich erneut ab. Das Diazoniumion ist entstanden.
Die gesamte Reaktion findet im Sauren statt.
Das Diazoniumion ist ein elektrophiles Teilchen und kann auf verschiedene Weise reagieren.
Azokupplung
Bei der Azokupplung reagiert das Diazoniumion mit einem Aromaten, z.B. mit Naphthol 2. Dabei sollte es sich in der Regel um einen aktivierten Aromaten handeln, da das Diazioniumion nur eine geringe elektrophile Aktivität zeigt, da die positive Ladung aufgrund der Mesomerie delokalisiert ist.
Naphthol 2 ist ein Aromat, dessen Reaktivität durch das freie Elektronenpaar des Sauerstoff der OH-Gruppe erhöht ist. Dieses läßt sich durch mesomere Grenzstrukturen leicht zeigen.
Wie man den gezeichneten Grenzstrukturen entnehmen kann, ist von einer erhöhten elektrophilen Angreifbarkeit in o- oder p- Stellung zur OH – Gruppe auszugehen, da dort eine Erhöhung der Elektronendichte vorliegt. So erfolgt auch hier der elektrophile Angriff, bei dem das angreifende Diazoniumion zunächst mit dem p-Elektronensystem des Naphthols in Wechselwirkung tritt, der p-Komplex sich bildet. Im folgenden bildet sich eine s-Bindung zwischen angreifendem Stickstoff und C-Atom des Naphthols, der aromatische Zustand ist kurzzeitig aufgehoben, der s-Komplex ist entstanden. Der mesomeriestabilisierte aromatische Zustand bildet sich dann durch Abspaltung eines Protons vom angegriffenen C-Atom zurück. Es entsteht der Farbstoff Naphtholorange.
Die Reaktionsbedingungen bei der Azokupplung
a) Die Temperatur
Die Temperatur darf bestimmte Werte nicht überschreiten, bei aromatischen Diazoniumionen etwa 8°C. Ansonsten spaltet sich aus diesem Stickstoff ab, der ja bereits als gute Abgangsgruppe vorgebildet ist:
Bei aliphatischen Diazoniumionen liegt diese Temperatur noch niedriger, i. d. R. weit unter 0°C, da hier kein stabilisierender aromatischer Kern vorhanden ist.
Die Instabilität der Diazoniumion macht man sich bei Sandmeyerreaktionen zunutze. (s.u.)
b) der pH- Wert
Das Diazoniumion ist im Alkalischen nicht kupplungsfähig, da sich das negativ geladene Diazotation bildet.
Deshalb reagiert das Diazoniumion am besten im sauren Milieu.
Unter Umständen kann es aber sein, dass das Milieu doch leicht alkalisch ist, da man wie z. B. bei Phenolen bei der anderen Kupplungskomponente einen größeren Reaktivitätsgewinn erreicht. In Gleichgewichtsreaktionen reagiert zwar einerseits ein bestimmter Anteil des Diazoniumions zu nicht reaktionsfähigem Diazotat, wodurch ein Verlust an Reaktionsfähigkeit entsteht. Dieser Verlust wird aber andererseits mehr als kompensiert durch die Bildung des Phenolations, das viel reaktionsfähiger ist als das Phenol aufgrund des verstärkten +M-Effektes des negativen Sauerstoffs.
Die Instabilität von Diazoniumionen macht man sich zunutze, wenn man sie unter bestimmten Bedingungen erhitzt und so die Abspaltung von Stickstoff erzwingt. Dieses geschieht in der Regel in einem bestimmten Lösungsmittel, z. B. Wasser, Alkohol oder Lösungen von Salzen. Man nennt diese Art der Reaktionen daher auch Verkochen. Das so entstehende positive Phenylkation mit der positiven Ladung an dem Kohlenstoff, der zuvor die Diazoniumgruppe getragen hatte, ist für jede Art negativer Teilchen leicht angreifbar. Man kann so praktisch jede denkbare Konstellation von Substituenten am Ring erreichen, z. B. OH-Gruppen in m-Position zur Nitrogruppe.
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